Montag, 18. April 2011

Seit heute wieder: Wer durch die Unterführung will, muss Treppen steigen

 Rödelheim. Neullich war ich ja drauf und dran, die Deutsche Bahn zu loben. Damals, im Februar, als sie zum erstem Mal die Verbindung zwischen dem West- und dem Ostteil in der Unterführung am Bahnhof kappte. Ein Aufschrei ging (zu Recht!!) durch die Lokale Presse, als Behinderte, Eltern von Kleinkindern und Radfahrern plötzlich eine Treppe vorfanden.
Eigentlich nur eine kleine, sechs Stufen, auch mit dem Kinderwagen, wenn man einen Passanten anschnackt, halbwegs sportlich zu nehmen. Dann die große, die zum mittleren Bahnsteig führt. Ausschließlich, rund 30 Stufen, eine steile Holzrampe aus zwei Brettern, für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen halsbrecherisch, für Radfahrer eine Zumutung.
Damals reagierte die Bahn schnell. Einen Tag, nachdem der Aufschrei publik wurde, war plötzlich der Shuttleservice per Bus eingerichtet - den keine Sau nutzt. Ich hab's versucht, mit dem Kinderwagen. Klar könne er mich mitnehmen, sagte der Fahrer des Kleinbusses seinerzeit, ich war entzückt. Doch als er ausstieg, zur Heckklappe schlich und diese öffnete, schwante mir. Und als er mich aufforderte, ich könne den Kinderwagen nun zusammenklappen fragte ich nur: "Und die Kinder?" Kein Kindersitz, kein nichts im Bus."Ich kann keines auf den Schoß nehmen", sagte er keck und schloss die klappe wieder. Da hatte ich verstanden, dass die Bahn nichts verstanden hat.
Nichts darüber, dass es keine Touristen sind, die gerne auf die andere Seite müssen. Sondern Bewohner eines Stadtteils, der stadtplanerisch nun mal auf Gedeih und Verderb auf dieses Nadelöhr angewiesen ist, weil die Stadt Frankfurt seit Jahrzehnten was die Verkehrssituation in Rödelheim betrifft, im Tiefschlaf ist. Ich ließ es dabei bewenden und schob unter der Bahnbrücke an der Nidda längs, die nächste Verbindung.


Früher, so erzählen die Leute gerne, gab es einen Bahnübergang. Gut, bei den vielen S-Bahnen wären die Schranken häufiger unten als oben, aber muss musste doch halbwegs das Gefühl gehabt haben, Bewohner e i n e s  Stadtteils zu sein, zumal sonst vieles auch darauf angelegt ist. Gibt es einen Arzt auf der Westseite? Friseure? Einen richtigen Bäcker?

Ja, vor zwei Monaten war die Bahn flott und reagierte auf die Wünsche der Menschen. Seit heute Nachmittag scheint das vergessen, das Spiel beginnt von vorne. Die Rampe ist weg, wer von West nach Ost, oder umgekehrt will, muss die frisch gebaute Treppe steigen. Vielleicht sollte man mal Bahnsprecher Honerkamp einladen, sich eine Stunde auf eine Seite zu stellen und den Leute zu versuchen, das zu erklären: "Ja, tut mir leid Muttchen, aber 30 Stufen sind doch mit der Gelenkarthrose gut zu machen." Oder: "Nun ja, liebe Zwillingsmutter, dann hoffen wir mal, dass der Hersteller des Kinderwagens beim Zusammenbauen nicht geschlampt hat." Das würde ich zu gerne mal sehen, zumal Leute, die die Baustelle verfolgen davon ausgehen, dass die neuen Rampen Ende Mai, so war es angekündigt, noch lange nicht fertig sein werden. Ich höre Herrn Honerkamp sagen: "Kommense, die paar Wochen machen doch bei ihren 89 Lebensjahren den Kohl nun auch nicht mehr fett."

Wie es der Zufall so wollte: Als ich vorhin gegen 20 Uhr die Unterführung passierte, buckelte ein Paar den Kinderwagen von oben nach unten (oberes Bild). Die Frau im roten T-Smit der roten Jacke wollte nett sein, wich auf die Rampenspur aus und legte sich prompt auf's Gesicht. Danke, liebe Bahn! (Andreas Nöthen)

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich verstehe einfach nicht, wie man beim Bau eines barrierenfreien Bahnhofs zusätzliche Barrieren erzeugen kann... Das passiert nun bereits zum zweiten Mal, so dass ich mich frage, ob die Planer überhaupt wissen, was sie tun. Ich hoffe, dass das Ergebnis nicht neue Hindernisse aufwirft.

Anonym hat gesagt…

Es ist halt mal so, dass bei solch umfangreichen Baumaßnahmen auch mal mit Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Das ganze Gejammer der Rödelheimer diesbezüglich ist nicht nachvollziehbar, insbesondere dann, wenn man liest, dass der Shuttlebus kaum benutzt wurde. Der Mensch hat Beine um zu laufen und soweit ist der Umweg über die Arnoldshainer Straße auch wieder nicht, oder. Außerdem ist Bewegung gesund.

Anonym hat gesagt…

Da geb ich meinem Vorredner recht. Die Ingenieure können auch nicht zaubern, d. h. gleichzeitig bauen und für Komfort sorgen. Außerdem müssen noch die Kosten im Auge behalten werden. Das alles sind Dinge, die der Normalverbraucher nicht sieht und die örtliche Politik wohl auch nicht.

420 281-8 hat gesagt…

Eine sauberer Recherche wäre nicht schlecht!

1. Der Pendelbus wurde für die ersten zwei Woche im Februar 2011 von der Stadt Frankfurt eingerichtet, siehe http://umbaufrh.wordpress.com/2011/01/29/im-taxi-von-ost-nach-west/

2. Seitdem wird der Pendelbus auf Betreiben des OBR 7 und des Quartiermanagements von traffiq betrieben, siehe http://umbaufrh.wordpress.com/2011/02/17/aushange-und-anderes/

So beliebt "Bahn-Bashing" auch ist: An dieser Stelle ist es fehl am Platze, weil die von Ihnen erhobenen Vorwürfe nicht zutreffen.

Andreas Nöthen hat gesagt…

Umso schlimmer, wenn die Bahn noch nicht mal von selbst auf die Idee kommt! Tut gerade so, als ginge sie das nichts an. Dafür, dass die Bahn zusehends ihre Pflicht vernächlässigt, die Technik vergammeln lässt, nun um an die Börse gehen zu können, finde ich das schon frech irgendwie.

420 281-8 hat gesagt…

Von welcher Pflicht sprechen Sie?
Und was den Börsengang betrifft: Das dieser auf Eis liegt und vorerst nicht weiter verfolgt wird, ist Ihnen doch hoffentlich bekannt, oder?

Ehrlich gesagt, gerade von Ihnen als "gelernten Journalisten" erhoffe ich mir mehr Substanz und weniger Polemik.

Andreas Nöthen hat gesagt…

Richtig, auf Eis und nicht vom Tisch. War halt ungünstig der Zeitpunkt. Die Versorgungspflicht und nicht unrentable Strecken verramschen oder stilllegen beispielsweise. Oder die Investitionen in Modernisierungen, die jahrelang weit unter dem Pflichtumfang lagen (ich leihe ihnen gerne die Spiegelausgaben dazu). Doch zurück zur Unterführung. Diese ist eine öffentliche, die zufällig auch zu den Gleisen führte und nicht etwa eine Bahnunterführung, die netterweise auch andere Leute durchlässt. Deshalb kann man, finde ich, nicht so tun, als gingen einen die Belange der Menschen nichts an und Teile einfach ausklammern, indem man die Verbindung und Zugänglichkeit kappt. Und das hat nix mit Polemik zu tun.

420 281-8 hat gesagt…

Stimmt, es ist eine öffentliche Unterführung, die nicht nur dem Zugang zu den Bahnsteigen dient.
Vielleicht machen Sie mal einen konkreten Vorschlag. Alternativ empfehle ich das nochmalige Lesen des zweiten und dritten Kommentars zu diesem Blog-Eintrag.

Andreas Nöthen hat gesagt…

Jetzt verstehe ich ihren Punkt. 1:0 für Sie! Aber, dass die Stadt gepennt hat, habe ich ja auch geschrieben. Nein, das ist von allen Seiten bescheuert gelaufen....